IFS Logistics Version 2

IFS Logistics Version 2 - Segen oder notwendiges Übel für die Logistikbranche?

Mit dem Stichtag 01. Januar 2013 endet für viele Logistiker die relativ einfache Zeit des IFS Logistics Version 1 und beginnt eine gut zu planende Umstellungsphase auf die Version 2 mit einiger zusätzlicher Arbeit. Nach erneut monatelanger Zusammenarbeit von HDE, FCD und Experten aus der Lebensmittel- und Logistikbranche ist ein umfangreicher, international anerkannter Standard zur Lebensmittelsicherheit in der Logistikbranche mit einigen Tücken entstanden. Die zahlenmäßige Vermehrung der Anforderungen auf 145 birgt mehr Anforderungen an Unternehmens-, Lager-, Speditions- oder Qualitätsleitung, als auf den ersten Blick geahnt.

Der Standard IFS Food wurde erstmalig 2003 veröffentlicht als Vorgabe für die Produzenten der Eigenmarken des Lebensmitteleinzelhandels. Um die Anforderungen an Lebensmittelsicherheit auf weitere Bereiche der Wertschöpfungskette auszuweiten, wurden 2006 der Standard IFS Logistics für die Logistikbranche und 2009 der Standard IFS Broker für Zwischenhändler und Importeure in Kraft gesetzt. Zusammen mit IFS Cash&Carry/Wholesale und IFS HPC (lose Haushalts- und Körperpflegeprodukte) bilden diese fünf Standards ein Komplettregelwerk für die Lieferanten des Lebensmitteleinzelhandels zur Sicherstellung der Lebensmittelsicherheit und müssen bei Belieferung des Einzelhandels nachgewiesen werden.

Während der IFS Logistics Version 1 mit heißer Nadel gestrickt werden musste, stellt die Version 2 bereits einen den Kinderschuhen entwachsenen und gereiften Lebensmittelstandard für Unternehmen, die Logistikleistungen wie Transport, Disposition und Lagerung anbieten, dar. Der Standard ist für alle Arten des Transportes anwendbar: Lastwagen, Zug, Schiff, Flugzeug oder andere temperaturgeführte Transporte oder Transporte unter Umgebungsbedingungen. Der Geltungsbereich des IFS Logistics-Standards umfasst Lebensmittel (lose, unverpackt und verpackte Lebensmittel) und Non-Food-Produkte. Der Standard kann für alle logistischen Aktivitäten angewendet werden, einschließlich Beladung, Transport, Entladung, Lagerung, Handhabung und weitere Verteilung¹.

Die 145 Einzelanforderungen an die logistischen Prozesse sind in den sechs Kapiteln;

  • Unternehmensverantwortung,
  • Qualitäts- und Produktsicherheitsmanagementsystem,
  • Ressourcenmanagement,
  • Leistungserbringung,
  • Messungen, Analysen, Verbesserungen und
  • Produktschutz

zusammengefasst.

Auf den ersten Blick sind die Änderungen überschaubar: 6 statt 7 Anforderungskapitel. Ein eigenes Kapitel für das Risikomanagement gemäß HACCP, ein erweiterter Abschnitt Ressourcenmanagement, ein kompaktes Anforderungskapitel 4 "Leistungserbringung", in welchem nun auch die ehemaligen Absätze Lagerung und Vertrieb sowie Transport aufgehen, und ein komplett neu abgefasstes Kapitel Produktschutz (food defense) & Externe Kontrollen. Doch die Crux steckt im Detail und zwar in diesem Kapitel Produktschutz.

Mit der Aufnahme dieses neuen Absatzes wurde den Anforderungen der GFSI, einer Task Force aus 40 Teilnehmern weltweit führender Handelsketten, Rechnung getragen und gleichzeitig eine empfindliche Lücke in der Logistikbranche geschlossen. Es ist neu ein Verantwortlicher für den Produktschutz mit entsprechenden Kenntnissen zu definieren. In einer mindestens jährlich durchzuführenden Gefahrenanalyse - ähnlich der Gefahrenanalyse nach HACCP zur Analyse der Gefahren für Lebensmittelsicherheit - sollen Gefahren für Lebensmittelprodukte, für den Standort und Gefahren, die von Personal und Besuchern ausgehen, analysiert und bewertet werden. Sind sicherheitskritische Bereiche analysiert, so müssen diese adäquat geschützt werden, indem der Zutritt streng reglementiert, überwacht und kontrolliert wird.

Beibehalten wurde das Vorgehen bei besonders sicherheitskritischen Anforderungen, so genannten KOAnforderungen. Wird eine KO-Anforderung als "nicht umgesetzt" bewertet, führt dies zu einem Abzug von 50% der möglichen Gesamtpunktzahl und damit automatisch zur Beurteilung "nicht bestanden" für die IFS-Logistics-Zertifizierung. Neu ist eine Ausweitung dieser "Knock Outs" von 3 auf 6:

  • Verantwortung der Unternehmensleitung (Unternehmenspolitik, -ziele)
  • Qualitäts- und Produktsicherheits-Managementsystem (HACCP)
  • Gefahrenanalyse/ HACCP-Management (Monitoringsystem für CCPs; NEU, aber bei Nicht-Anwendbarkeit ausschließbar)
  • Interne Audits (NEU)
  • Umgang mit Nichtkonformitäten und nichtkonformen Produkten (NEU)
  • Korrekturmaßnahmen

Spezielle Beachtung wird auch die Änderung im Absatz 5.1 "Interne Audits" finden. Während im alten Standard ein geplantes, risikoorientiertes und dokumentiertes Auditsystem ausreichte, spricht die neue Version 2 von wirksamen internen Audits gemäß einem festgelegten Auditprogramm. Diese decken mindestens alle Einzelanforderungen des IFS Standards ab (Achtung: der Nachweis der Prüfung jeder der 145 Einzelanforderungen ist nötig!), finden mindestens einmal jährlich, bei risikoreichen Bereichen oder Produkten mehrmals im Jahr, statt und werden durch regelmäßig durchgeführte Betriebsbegehungen begleitet.

Mit der Umstellung von Version 1 auf Version 2 wird auf die Unternehmens-, Lager-, Speditions- und Qualitätsleitung einiges an Arbeit, vor allem an gedanklicher und bewertender, zukommen. Die wirksame Umsetzung erfordert ein beträchtliches Maß an Überzeugungskraft, Mitarbeiterschulungen und Überwachungsmethodik, aber auch personellem und finanziellen Aufwand. Die Erfüllung der vermehrten Anforderungen ist nicht unmöglich, doch werden sich für Logistiker an einigen Stellen große Fragen der Regelung stellen und eine Umorganisation von Arbeitsabläufen und Zugangsregelungen nötig machen.

Autor: B. Held

¹ http://www.ifs-certficiation.com